1. März 2023

Was sind die besten Strategien zur Reduzierung des Klimawandels und wie kann man in sozialen Fragen des Klimawandels tätig werden?

Wir sprachen mit den Nachhaltigkeitsexperten Dr. Elorri Igos und Thomas Schaubroek vom Luxemburgischen Institut für Wissenschaft und Technik (LIST), die uns fünf nützliche Tipps gaben, wie Unternehmen ökologische und soziale Risiken in ihrer Wertschöpfungskette steuern können.

1. Welches sind die besten Strategien für Unternehmen, die sich dem Klimawandel stellen?

Heutzutage sind alle Unternehmen entweder direkt oder indirekt vom Klimawandel betroffen, zum Beispiel aufgrund von strengeren Gesetzen, möglichen Störungen der Lieferketten infolge von Dürren oder sonstigen extremen Ereignissen, und auch aufgrund von höheren Erwartungen von Kunden.

Bei der Festlegung ihrer Strategie sollten Unternehmen zunächst ihre aktuelle Situation analysieren. Das heißt, sie sollten die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken ermitteln, denen sie ausgesetzt sind, sowie die Höhe ihrer Treibhausgasemissionen (THG). Es ist eine umfassende Analyse erforderlich (d.h. der direkten und indirekten Emissionen aus der Lieferkette oder durch die Nutzung von Produkten), um die jeweiligen Handlungsmöglichkeiten zu ermitteln und künftige Risiken vorherzusehen.

Auf der Grundlage dieser ersten Analyse, können Dekarbonisierungsstrategien mit der Unterstützung durch internationale Leitlinien, wie die „Science-Based Targets Initiative“, festgelegt werden. So kann sichergestellt werden, dass die Unternehmensstrategie im Einklang mit dem globalen Ziel steht (den globalen Temperaturanstieg gemäß dem Pariser Abkommen auf weit unter 2 C zu halten) und dass sie auf wissenschaftlichen Hypothesen beruht.

2. Wie können Verbraucher während einer Klimakrise zur Gesellschaft beitragen?

Verbraucher tragen im täglichen Leben direkt zum Klimawandel bei, wenn sie konventionelle Autos fahren (CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Diesel oder Benzin) und ihre Wohnung oder ihr Haus heizen (meistens durch die Verbrennung von Erdgas oder Öl). Für die Einwohner von Luxemburg belaufen sich diese direkten Emissionen auf 4 Tonnen CO2 pro Jahr, d.h. über ein Drittel des CO2-Fußabdrucks des Landes. Verbraucher können also THG-Emissionen konkret durch den Umstieg auf eine aktive Mobilität, die Reduzierung ihres Wärmeenergieverbrauchs (zum Beispiel durch bessere Isolierung oder kleinere Häuser) und den Wechsel zu umweltfreundlicheren Wärmeenergiequellen (z.B. Wärmepumpe) reduzieren.

Weitere Handlungsmöglichkeiten um die THG-Emissionen indirekt zu senken, sind die  Einschränkung des Konsums von Fleisch- und Milchprodukten (bedeutende Emissionen durch tierische Verdauung, den Futterbedarf oder das Dungmanagement), die Vermeidung von Flugreisen, das Überdenken Ihrer Bedürfnisse vor einem Kauf oder das Vorziehen von Waren aus zweiter Hand und die Reduzierung beim Kauf neuer Produkte.

Schließlich sind Verbraucher auch Bürger und können sich für die Nachhaltigkeit engagieren, z.B. indem sie zu Klimadebatten oder -konferenzen beitragen, nichtstaatliche Umweltschutzorganisationen unterstützen oder für glaubwürdige und ambitionierte Umweltprogramme stimmen.

3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen sozialen Problemen und dem Klimawandel?

Der Klimawandel trifft wohl diejenigen Menschen härter, die nicht über die nötigen Möglichkeiten verfügen, um sich vor den Auswirkungen der entstehenden Wetterextreme zu schützen (Überschwemmungen, Hitzewellen), z.B. weil sie keine angemessene Wohnung, keinen Krankenkassen- und Versicherungsschutz haben usw. Der Klimawandel wird soziale Ungleichheiten offenbaren und soziale Probleme weiter vergrößern, sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene. Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass öffentliche Gelder für die Behebung der Folgen des Klimawandels statt für die Bereitstellung von Sozialleistungen verwendet werden.

Wenn es darum geht, die sozialen Probleme und den Klimawandel zu verringern, kann es zu Zielkonflikten zwischen beiden kommen. So erfordert beispielsweise der Wechsel zu Elektroautos und erneuerbaren Energien mehr wertvolle Seltene Erden, deren Abbau in bestimmten Regionen mit schlechten Arbeitsbedingungen oder kaum vorhandenen Arbeitnehmerrechten verbunden sein kann (insbesondere bei Lithium und Kobalt). Es ist darauf zu achten, dass mineralische Rohstoffe von verantwortungsbewussten und ethischen Anbietern verwendet werden und es müssen zugleich Anstrengungen unternommen werden, um die sozialen und ökologischen Mindestanforderungen auf globaler Ebene zu verbessern.

4. Was die sozialen Probleme betrifft, wie können sowohl Verbraucher als auch Unternehmen etwas dagegen tun?

Ähnlich wie bei den Umweltauswirkungen können sowohl Verbraucher als auch Unternehmen durch ihre Entscheidungen tätig werden.

Bei Verbrauchern wird dies hauptsächlich durch ihr Konsumverhalten geschehen, d.h. durch die Entscheidung, ob und welche Produkte sie kaufen, die auf der Grundlage der mit ihnen verbundenen sozialen Probleme, getroffen wird, z.B. ein hohes Risiko der Kinderarbeit entlang der Wertschöpfungskette. Doch diese Entscheidungen können nur gefällt werden, wenn Informationen oder Siegel (z.B. Fair Trade) vorhanden sind, die aber leider nach wie vor selten sind.

Unternehmen können etwas tun, indem sie mehr themenbezogene Informationen verbreiten und/oder ein auf unternehmerische Sozialverantwortung (CSR) gestütztes Geschäftsmodell verfolgen, aber auch indem sie entsprechende Praktiken einführen und Rohstoffe/Produkte wählen, die soziale Probleme minimieren.

Vor etwa einem Jahr hat die EU einen Richtlinienentwurf zur Ausweitung der Sorgfaltspflichten im Rahmen der Lieferkette (CSDDD) vorgelegt und einige Mitgliedsstaaten haben bereits nationale Vorschriften eingeführt, um neben Umweltbelangen auch soziale Probleme zu identifizieren und zu vermeiden. Unternehmen könnten bereits anfangen, diese Richtlinien zu befolgen.

https://www.ohchr.org/en/press-releases/2022/12/luxembourg-must-seize-opportunity-become-global-leader-sustainable-finance

5. Was sind Ihre fünf nützlichen Tipps für Unternehmen zur besseren Steuerung von sowohl Umwelt- als auch sozialen Risiken entlang ihrer Wertschöpfungskette?

Fünf hilfreiche Tipps: 

1. Analysieren Sie die aktuelle Situation: Bewerten Sie Umwelt- und soziale Risiken in Ihrer Wertschöpfungskette (z.B. Abhängigkeit von fossilen Ressourcen, kritischen Rohstoffen, kritischen Regionen) und Ihren Reifegrad, um sie anzugehen. Stützen Sie sich dabei auf internes oder externes Fachwissen.

2. Legen Sie eine Strategie fest, die mit den aktuellsten Standards und Richtlinien im Einklang steht: Kommende Richtlinien wie die der Europäischen Kommission zur Ausweitung der Sorgfaltspflichten im Rahmen der Lieferketten sollten berücksichtigt werden, um künftigen Einschränkungen durch Gesetze vorzugreifen.

3. Ermitteln Sie die Handlungsmöglichkeiten bezüglich Ihrer Betriebsabläufe: Dazu gehören die Reduzierung des Energieverbrauchs, Verfahrensrichtlinien im Bereich Arbeitsschutz, oder Anreize für eine aktive Mobilität, die mit guten Arbeitsbedingungen vereinbar sind.

4. Berücksichtigen Sie Nachhaltigkeitskriterien bei der Beschaffung und bei Investitionen: Erwägen Sie Produkte mit Siegel und/oder Kennzeichnungen, aber prüfen Sie die Verständlichkeit der Kriterien und die Mittel und Wege ihrer Überprüfung und Kontrolle. Sie können auch Beschaffungskriterien aufstellen, die Ihre Lieferanten einhalten sollen.

5. Überdenken Sie Ihr Geschäftsmodell: Die Nachhaltigkeit Ihrer Produkte und Dienstleistungen erhöht die Resilienz Ihres Unternehmens. Erwägen Sie zum Beispiel kürzere Transportwege zum Kunden, die Effizienz des Energieverbrauchs, Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Verbrauchersicherheit, Auswirkungen auf das lokale Umfeld usw.

Über diesen Blog:

 

Der rasche Wandel hin zu globaler ökologischer Nachhaltigkeit ist dringend geboten. Wirtschaft und Industrie haben enorme soziale und ökologische Auswirkungen. „Warum ist das wichtig?“  ist ein zweimonatlicher Blog, der darauf abzielt, dieses wichtige Thema aus der Sicht unserer Experten zu beleuchten.


Verpassen Sie nicht die praktischen Tipps unserer Experten für Ihren Alltag und seien Sie Teil der positiven Veränderung.

Nachhaltigkeit