15. Dezember 2022

FinTech 2023, und wo steht Luxemburg im globalen Vergleich?

Wir haben mit Nasir Zubairi von LhOFT gesprochen, der uns interessante Einblicke gegeben hat, sowie fünf wertvolle Tipps für Banken-CEOs bezüglich des Umstiegs auf FinTech-Lösungen.

1. Wie lauten die größten Herausforderungen, mit denen die FinTech-Branche derzeit konfrontiert ist?

Die Kernherausforderungen sind noch immer die alten, doch sie werden vom gegenwärtigen makroökonomischen Umfeld potenziell verschärft.

1. Kunden: Kunden insbesondere im B2B-Segment dürften in den kommenden Jahren darauf bedacht sein, ihre Kapitalanlagen zurückzufahren, was das Umsatzwachstum für FinTechs erschwert.

2. Kapital: Investitionskapital für Start-ups ist nach wie vor vorhanden, aber es wird nicht mehr so leicht zugänglich sein wie bisher.

3. Talente: Der Zugang zu Fachkräften ist für alle Finanzdienstleister eine Herausforderung und wird sich in der EU weiter verschärfen.

2. Was könnte ein FinTech-Unternehmen zum Scheitern bringen?

Die Hauptursache für das Scheitern von FinTechs sehe ich in einem unvorsichtigen  Cashflow-Management. Bei den wenigen Unternehmen, die ins Straucheln geraten und zum Teil insolvent geworden sind, lassen sich immer wieder dieselben Probleme beobachten – die Überschätzung des eigenen Erfolgs und zu übermäßige Ausgaben.. Tut sich ein Unternehmen relativ leicht mit der Aufnahme von Fremdkapital, so entsteht oft der Irrtum, dass der Geldsegen auf ewig anhalten wird. Dann wird leichtfertig in das Wachstum investiert, in der Annahmedass sich weiteres Kapital ebenso mühelos beschaffen lässt, was jedoch nicht zutrifft.

Der Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens beruht auf dem Risikomanagement und nicht auf der Annahme, dass alles so laufen wird, wie es geplant war.

Interessanterweise zeigt die Datenlage durchwegs, dass frauengeführte Start-ups hier am besten abschneiden! Bei ihnen besteht eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit, da Frauen im Allgemeinen, wenn auch mit bemerkenswerten Ausnahmen, Geld und Risiken besser handhaben als Männer.

3. Könnten Sie die luxemburgische FinTech-Branche kurz für uns skizzieren? Wo steht das Großherzogtum auf globaler Ebene?

Seit Tag eins hat sich LHoFT angesichts der Möglichkeiten, die der Finanzplatz Luxemburg bietet, auf B2B konzentriert. Für eine Neobank ist es kaum sinnvoll, sich hier niederzulassen. Doch für ein FundTech- oder RegTech-Unternehmen ist es aufgrund der Zusammensetzung des hiesigen Finanzsektors überaus sinnvoll, mit einem Team in Luxemburg vertreten zu sein. Deshalb gehen wir von einer sehr starken RegTech-Präsenz in Luxemburg aus, wenngleich es sich meistenteils um Niederlassungen von Firmen mit ausländischem Hauptsitz handeln dürfte.

Parallel verfügen wir über einen starken Zahlungsverkehrsektor, der sich in den letzten 15 Jahren, immer wieder an die zahlungsbezogenen Rechtsvorgaben anpassen konnte.

Wir beobachten ebenfalls einen erwachenden Fokus auf die Blockchain hinsichtlich des Wertpapiersektors. Die sprachlichen Kompetenzen in Luxemburg, insbesondere das gute Beherrschen des Englischen, die Möglichkeit, Lizenzen auf Englisch zu beantragen, und die Tatsache, dass Englisch als Vertragssprache akzeptiert wird, sowie eine zugängliche und offene Finanzbranche, machen den Standort Luxemburg für internationale Unternehmen auf der Suche nach einer EU-Niederlassung äußerst attraktiv.

Angesichts der Größe des Landes werden wir in der FinTech-Branche nie zum Marktführer aufsteigen, doch wir sind auf keinen Fall zu unterschätzen.

McKinsey hat Luxemburg jüngst zum viertattraktivsten FinTech-Ökosystem in Europa gewählt.

4. Wo liegt in Ihren Augen der größte FinTech-Bedarf in Luxemburg?

Die luxemburgischen Geldinstitute kämpfen mit dem Kostendruck, namentlich im Bereich der Compliance.

FinTechs, die Lösungen für Compliance-Prozesse, die Kundenidentifikation (KYC), die Geldwäschebekämpfung, das Management von Compliance-Daten und das Reporting bieten, sind stark gefragt. Zudem besteht ein wachsender Bedarf an Lösungen für die ESG-bezogene Compliance.

5. Welche fünf praktischen Tipps können Sie Bankenchefs hinsichtlich der Umstellung auf FinTech-Lösungen mitgeben?

Fünf hilfreiche Tipps: 

1. Es ist wichtig, das gesamte Unternehmen in den digitalen Wandel einzubeziehen.

2. Die Schulung und Weiterbildung von Mitarbeitern ist entscheidend, um sicherzustellen, dass sie den Digitalisierungsprozess aktiv mittragen.

3. Halten Sie nicht nach langfristigen Lösungen Ausschau, sondern begreifen Sie den Wandel als einen fortlaufenden Prozess, dem sich die Technologie kontinuierlich anpassen muss.

4. Sehen Sie Technologie als möglichen Wettbewerbsvorteil und Kern der Geschäftsstrategie und nicht als reines Werkzeug.

5. Wagen Sie Weitsicht – entwickeln Sie eine Vision Ihres Unternehmens in zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren, anstatt den Blick nur darauf zu richten, wo es heute und morgen brennt. Halten Sie sich vor Augen, dass Technologie womöglich Wege öffnet die Flammen zu bekämpfen.

Über diesen Blog:

 

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