18. Januar 2024

Sprechen wir über Geld: Warum ist Finanzkompetenz für Kinder so wichtig?

Laut einer Definition des OECD-Rats vom Juni 2012 ist Finanzkompetenz eine „Kombination aus Bewusstsein, Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Finanzfragen, die erforderlich ist, um solide finanzielle Entscheidungen zu treffen und letztlich für das persönliche finanzielle Wohlergehen zu sorgen“. Ein wichtiges Thema das uns alle betrifft. Wer sich Finanzkompetenz aneignet, gewinnt unter anderem ein besseres Verständnis der Wirtschafts- und Finanzwelt, kann fundiertere Entscheidungen treffen und weiß besser mit Risiken umzugehen. Wir haben Jessica Thyrion, Financial Education Adviser bei der ABBL-Stiftung, zum Stellenwert der Finanzbildung in Luxemburg befragt.

Die ABBL-Stiftung für Finanzbildung wurde im September 2016 gegründet.

Sie verfolgt vier Ziele:

  • Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit für das Thema Finanzbildung,

  • Unterstützung der Berufsbildung im Bereich Finanzen,

  • Entwicklung von Studienprogrammen im Bereich Finanzen über die Universität Luxemburg und

  • Förderung von Forschung über die Finanzierung von Promotions- und Post-Doc-Stellen sowie von Lehrstühlen.

Warum halten Sie persönlich Finanzbildung für ein wichtiges Thema?

Angesichts der zunehmenden Komplexität des sozioökonomischen Umfelds, in dem wir uns bewegen, der Polykrise, mit der wir in den letzten Jahren konfrontiert waren, der Inflation und der Tatsache, dass sich unsere Finanzkraft unmittelbar auf viele weitere Bereiche unseres Lebens auswirkt, war es noch nie so wichtig wie heute, sich mit den grundlegenden Konzepten der Finanzwelt vertraut machen zu können und zu verstehen, wie man sein Geld optimal verwaltet und warum sich dies lohnt. 

Es ist nach wie vor wichtig, wenn nicht sogar unerlässlich, das Einmaleins der Wirtschafts- und Finanzwelt zu beherrschen. Je besser jeder von uns alle persönlichen Aspekte und Herausforderungen im Zusammenhang mit Geld versteht und begreift, wie Geld unsere sämtlichen Lebensentscheidungen beeinflusst, umso besonnener und klüger werden diese finanziellen Entscheidungen ausfallen.  

Umgekehrt kann mangelnde Finanzbildung zu heiklen Lebenssituationen führen. Seien es finanzielle Verluste, die man hätte vorhersehen können, fehlende finanzielle Ressourcen im Ruhestand, ein erhöhtes Risiko, Finanzbetrug zum Opfer zu fallen, oder Überschuldung, um nur einige der Folgen mangelnder Finanzkultur zu nennen. 

Finanzielle Bildung ist für alle Menschen wichtig und beginnt bereits in jungen Jahren. Sobald wir die großen Weichenstellungen in unserem Leben planen wie etwa die Ausrichtung unseres Studiums oder ersten Jobs, den Kauf des ersten Autos, die Unterzeichnung des ersten Mietvertrags oder etwa auch den Erwerb eines Eigenheims wird klar, dass diese Pläne mit Kosten verbunden sind und wir uns deshalb mit der finanziellen Dimension all dieser Schlüsselentscheidungen auseinandersetzen müssen.  

Dies gilt auch für angehende Unternehmensgründerinnen und Gründer. Während die Verwaltung der persönlichen Finanzen relativ einfach erscheinen mag, stehen Menschen mit unternehmerischen Ambitionen einer weitaus komplexeren Aufgabe gegenüber, was das Finanzmanagement betrifft.  

Wo steht Luxemburg beim Thema Finanzbildung?

Es gibt eine für alle Zielgruppen eine Vielzahl an Initiativen in diesem Bereich. Leider fehlt das Zusammenspiel dieser Initiativen untereinander, und sie führen eher ein Schattendasein. Unsere Stiftung hat in Zusammenarbeit mit der CSSF und der Unterstützung einer hierzu eingerichteten Arbeitsgruppe (in der mehrere Ministerien, einige sozialpädagogische Akteure, bestimmte Berufsverbände des Finanzsektors und der luxemburgische Verbraucherverband ULC vertreten sind) im vergangenen Sommer die nationale Finanzbildungsstrategie aktualisiert. Besonders hervorzuheben sind unter den erarbeiteten Empfehlungen die Aufnahme der Finanzbildung in die schulischen Lehrpläne sowie die Förderung und Koordinierung aller nationalen Initiativen. 

Die gute Nachricht ist, dass die luxemburgische Regierung in ihrer Koalitionsvereinbarung im vergangenen November ihre Absicht erklärt hat, Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzbildung aller Bürger zu ergreifen, insbesondere über die Unterrichtung von finanziellem Grundwissen in den Grund- und Sekundarschulen! 

Kommen wir auf das Abschneiden der Einwohner Luxemburgs bei der kürzlich veröffentlichten OECD-Studie zur Finanzbildung von Erwachsenen zu sprechen ...

Die Ergebnisse dieser internationalen Umfrage geben für alle Länder, die an der Studie teilgenommen haben (39), zu denken. Luxemburg ist da keine Ausnahme:  
 

  • 53 % der Einwohner Luxemburgs haben die Mindestpunktzahl erreicht, die erforderlich ist, um als finanziell gebildet zu gelten. 

  • Nur 65 % konnten die Fragen zur Bewertung des Grundwissens richtig beantworten. 

Was das Abschneiden Luxemburgs in der jüngeren Altersgruppe (18-29 Jahre) betrifft, so belegt diese den: 

  • 24. Platz in Bezug auf Finanzwissen 

  • 15. Platz bei der digitalen Finanzkompetenz 

Weitere Informationen zu diesen Ergebnissen finden Sie hier: https://www.abbl.lu/en/professionals/how-financially-literate-are-luxembourg-residents  

und

PISA 2022 Financial Literacy Framework | PISA 2022 Assessment and Analytical Framework | OECD iLibrary (oecd-ilibrary.org) 

Können Sie uns erklären, wie sich die ABBL mit ihrer Stiftung konkret engagiert?

Die Stiftung steht im ständigen Dialog mit allen Beteiligten (wie zum Beispiel Lehrern, Schülern, sozialpädagogischen Fachkräften oder Akteuren des Finanzsektors), um herauszufinden, mit welchen Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen spezifischen Problemen (Überschuldung, Digitalisierung des Bankwesens für Senioren, Finanzmanagement für alle etc.) begegnet werden kann.  
 
In der Praxis kann die Stiftung dank ihres Netzwerks an ehrenamtlichen Dozenten sowie ihrer Instrumente (wie etwa Sécher am Internet oder Money Odyssey) die breite Öffentlichkeit in Bezug auf eine Vielzahl an Themen sensibilisieren, informieren und schulen. 

Und wenn alles möglich wäre, wie sehen Sie die Integration einer guten Kultur der Finanzbildung in Luxemburg?

Wie überall auf der Welt wäre es hervorragend, zunächst einmal das Tabu rund um das Thema Geld aufzubrechen. Wie Studien belegen, geben die meisten Menschen lieber zu, wie viel sie wiegen, als offenzulegen, wie viel sie auf ihrem Sparkonto haben! Zweitens gilt es, die Jüngsten als heutige und künftige Verbraucher in ihrem Alltagsverhalten zu begleiten. Sie sollten für einen in jeder Hinsicht nachhaltigen Konsum sensibilisiert werden. 

Wie Studien belegen, geben die meisten Menschen lieber zu, wie viel sie wiegen, als offenzulegen, wie viel sie auf ihrem Sparkonto haben!
Jessica Thyrion

Könnten Sie Eltern, die diesen Artikel lesen, Tipps und Informationsquellen nennen, damit sie das Thema Geld gut gerüstet mit ihren Kindern anschneiden können? 

Hier einige Tipps in loser Reihenfolge: 

  • Beginnen Sie den Dialog über das Thema so früh wie möglich. 

  • Übertragen Sie Ihrem Kind Verantwortung, indem Sie ihm ein Taschengeld anvertrauen – auf den Betrag kommt es dabei nicht an. 

  • Eltern sollten ihren Kindern unbedingt vermitteln, dass es bei finanziellen Problemen immer Lösungen gibt, für Kinder ebenso wie für Erwachsene. 

  • Halten Sie Ihrem Kind keine Moralpredigten, wenn seine Entscheidungen nicht die Ihren sind – Ihr Kind lernt durch schlechte Erfahrungen hinzu. 

Ressourcen

  • Money Odyssey  – Mobile App: Lernen mit Spaß  

  • Woch vun de Suen – Einführung in das Budgetmanagement für Schülerinnen und Schüler des Zyklus 4 – 18. bis 22. März 2024 

  • Workshops für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe: Budgetmanagement/nachhaltige Finanzen – Auf Anfrage

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