28. Februar 2024

Sprechen wir über Geld: Wie Sie das Thema Lebenshaltungskosten mit Ihren Kindern anschneiden

Eine der markanten Entwicklungen der letzten beiden Jahre ist der kontinuierliche Anstieg der Lebenshaltungskosten. Die Preise für Heizung und Lebensmittel sowie steigende Zinssätze führen dazu, dass viele Familien mit einem knapperen Budget auskommen müssen. Das Thema Lebenshaltungskosten mit Ihren Kindern anzuschneiden ist womöglich nicht immer einfach. Es dennoch zu tun, ist umso wichtiger: Schließlich geht es darum, sie darauf vorzubereiten, einst selbst achtsam mit ihrem Geld zu haushalten. Wir haben mit Tahereh Pazouki, der Gründerin von Magrid Learning Solutions, darüber gesprochen, wie man am besten mit seinen Kindern über die Kosten des Lebens spricht. Viel Spaß beim Lesen!

Tahereh, da die sozialen Medien heute von klein auf präsent sind, neigen Kinder dazu, sich immer mehr materielle Dinge zu wünschen, die sie online sehen. Online-Influencer nehmen sie als ihre Helden wahr, deren Styling, Lebensstil und Reisegewohnheiten sie nachahmen möchten. Zur Aufgabe von Eltern gehört es jedoch, ihren Kindern eine gesunde Einstellung dazu zu vermitteln, wie Geld verdient und ausgegeben werden sollte.  Als Gründerin von Magrid Learning Solution, das die frühkindliche Entwicklung sowie die visuell-räumlichen, kognitiven und mathematischen Fähigkeiten von Kindern im Alter von 3 bis 9 Jahren fördert, möchten wir Ihr Wissen darüber weitergeben, wie man Kindern die Lebenshaltungskosten und einen vernünftigen Umgang mit Geld vermittelt.

Wie lassen sich Lebenshaltungskosten einem Kind am besten erklären?

In der heutigen Kultur kann es in der Tat eine Herausforderung sein, das Thema Geld mit Kindern anzusprechen, besonders mit Blick auf die neuen Idole und Vorbilder in den sozialen Medien.

Manchmal schämen Eltern sich dafür, ihren Kindern offen zu sagen, dass sie sich etwas nicht leisten können. Vielleicht fürchten sie sogar, selbst von ihren eigenen Kindern dafür verurteilt zu werden, weshalb sie dem Thema Geld oft aus dem Weg gehen.

Es ist wichtig, schon früh mit Kindern über Geld zu sprechen, denn umso leichter wird es ihnen fallen, das Thema zu begreifen. Selbst ein zweijähriges Kind kann sich bereits in grundlegende Konzepte hineindenken. Die Tatsache allein, dass es bestimmte Dinge noch nicht in Worte zu fassen vermag, bedeutet nicht, dass es sie nicht versteht. Kleinkinder haben bereits ein kristallklares Gespür für ihre Umwelt und sind recht kompetent. Ihre logischen Fähigkeiten entwickeln Kinder schon in einem sehr frühen Alter. Sie sind in der Lage, zu lernen und unsere Handlungen zu verstehen, wenn wir uns die Zeit nehmen, sie ihnen zu erklären. Um Kindern zu helfen, das Thema Geld zu entschlüsseln, beschreibt man am besten, was man als Elternteil gerade tut, und dies gilt auch in finanziellen Angelegenheiten. Stellen Sie sich zum Beispiel im Supermarkt vor, dass Sie ein Abendessen für fünf Personen mit einem bestimmten Budget ausrichten, und beziehen Sie Ihr Kind in Ihre logischen Überlegungen ein.

Vorlesen ist Kindern eine Hilfe, auch wenn sie einzelne Begriffe oder Wörter nicht ganz verstehen. Als Elternteil sollten Sie die Dinge benennen, die Hintergründe erklären und Ihre Kinder auf dem Laufenden halten. Dieser Ansatz fördert auch von klein auf ihre Sprachkenntnisse, ihren Wortschatz und ihr logisches Denkvermögen.

Sobald Ihre Kinder etwa vier bis fünf Jahre alt sind, können Sie damit beginnen, Geld und finanzielle Themen in Ihre Alltagsgespräche zu integrieren. Gemeinsam können Sie Ihren Kindern einen guten Umgang mit Geld vermitteln, indem Sie eine Einkaufsliste schreiben, ein Budget aufstellen und recherchieren, wo sich bestimmte Dinge günstig erstehen lassen.

Reden Sie mit Ihrem Kind so über Geld, wie Sie ihm Märchen erzählen: altersgerecht und so, dass es einen Bezug zum Thema entwickeln kann. Altersgerecht gestalten Sie das Gespräch, indem Sie sprachlich auf Ihr Kind zugehen, Konzepte erläutern und anschauliche Beispiele aus seiner Lebenswelt verwenden.

Achten Sie auf einen heiteren Ton und machen Sie ruhig einen Rollentausch, bei dem Sie die Rolle Ihres Kindes einnehmen und umgekehrt. Auf diese Weise helfen Sie Ihren Kindern, die Problematik der Lebenshaltungskosten so zu erfassen, wie es für sie sinnvoll ist.

Wie erklärt man, dass Geld nur begrenzt vorhanden ist und man nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt?

Geld ist oft ein Tabuthema. Dabei ist es wichtig, Kindern zu vermitteln, warum Arbeit wertvoll ist und sparen Sinn macht. Viele Menschen vermeiden es, das Thema anzusprechen und Vergleiche anzustellen. Dies ist jedoch nötig, um zu verstehen, dass nicht alle Wünsche realisierbar sind.

Wie in vielen Dingen geht Probieren über Studieren ... Kinder, die schon in jungen Jahren mit einem Taschengeld umzugehen lernen, begreifen leichter, wie wichtig es ist, Prioritäten zu setzen und Entscheidungen zu treffen. So erübrigt sich auch der Rückgriff auf allzu strenge Lernmethoden. Wenn Ihre Kinder älter werden, lernen sie dann auch, ihr Taschengeld zum Kauf von Büchern, Spielzeug und Schulmaterialien zu verwenden.

Das Taschengeld sollte nicht als reine Belohnung betrachtet werden, sondern Kindern vielmehr Gelegenheit geben, ein Gefühl für den Wert von Arbeit zu entwickeln und zu begreifen, warum Sparen wichtig ist. Das Bewusstsein für finanzielle Grenzen ist für die Finanzbildung entscheidend. Eltern sollten mit gutem Beispiel vorangehen und ihren Kindern beibringen, welche Folgen drohen, wenn man mehr ausgibt, als man hat.

Beginnen Sie die Einführung in den Umgang mit Geld mit echten Scheinen und Münzen, denn Kreditkarten sind zu abstrakt. Klein- und Vorschulkinder müssen lernen, wie sie Geld handhaben, auch wenn sie noch nicht zählen oder Zahlen einschätzen können.

Ehrlich gesagt macht mir der Gedanke an eine Gesellschaft, in der Geld gänzlich dematerialisiert ist, ein wenig Angst, da sich finanzielle Konzepte noch schwieriger vermitteln ließen.

Für Ihre Kinder ist es interessant, von klein auf einen achtsamen Umgang mit Geld und Geldverdienen zu lernen, und natürlich sollten Sie stets ein positives Licht auf das Thema werfen.
Tahereh Pazouki

Wie würden Sie die Begriffe Inflation und Kosten erklären?

Kinder verstehen weitaus mehr, als wir ihnen zutrauen.

Sprechen Sie ruhig über die Inflation und darüber, wie teuer alles dadurch wird. So kostet beispielsweise eine bestimmte Süßigkeit, die Ihr Kind sonst für EUR 3 erstehen konnte, jetzt EUR 4.

In einem Rollenspiel können Sie als Ladenbesitzer Ihrem Kind die Inflation erklären, indem Sie darauf hinweisen, dass einzelne Lieblingssüßigkeiten knapp geworden und die Herstellungs- und Lieferkosten gestiegen sind, was Sie dazu zwingt, die Preise zu erhöhen.

Beim gemeinsamen Malen können Sie über die Kosten von Dingen wie Wohnung, Möbel, Auto und Kraftstoff sprechen und so die Situation greifbarer machen.

Wenn man über die Lebenshaltungskosten spricht, ist es auch wichtig, den Unterschied zwischen Wahlmöglichkeiten und Wünschen herauszustreichen. Was schlagen Sie vor?

Die sozialen Medien haben die Wünsche vieler Menschen erheblich geprägt, was zu einer maßlosen Nachfrage nach Artikeln wie Designer-Turnschuhen, Smartphones und Mode geführt hat.

Eltern sollten ihren Kindern helfen, zwischen Wünschen und echtem Bedarf zu unterscheiden, um überzogene Ausgaben für unnötige Dinge zu vermeiden. Indem sie Preise vergleichen und eine Einkaufsliste erstellen, können sie Geld sparen und damit Spielraum für die Erfüllung anderer Wünsche schaffen.

Falls Ihr Jugendlicher auf einem Paar Turnschuhen für EUR 250 besteht, sollten Sie ihm klarmachen, wie viel mehr er für diesen Betrag bekommen kann ... Und falls Sie sich auf ein erschwinglicheres Modell einigen, bleibt mehr Geld für andere Kleidungsstücke übrig.

Bringen Sie Ihren Kindern bei, dass die günstigere Wahl nicht unbedingt gleichbedeutend mit Qualitätseinbußen ist. So kann es sich lohnen, aus zweiter Hand zu kaufen oder Anschaffungen auf den Schlussverkauf zu verlegen. In anderen Fällen lässt sich mit höherwertigen Artikeln Geld sparen, da nicht so häufig nachgekauft werden muss.

Es ist wichtig, dass Sie Ihren Kindern den Gedankengang offenlegen, der hinter Ihren eigenen Kaufentscheidungen steht. Erklären Sie z. B., dass Sie hochwertige Kleidungsstücke gegenüber weniger nachhaltigen Produkten bevorzugen. Auf diese Weise können Sie Geld sparen und sich auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist.

Einkommen, Ersparnisse, Kredite und Darlehen: So finden Sie die richtigen Worte.

Zur Illustrierung des Begriffs „Einkommen“ könnten Kinder zum Beispiel lernen, im Sommer Zitronensaft zu verkaufen und sich damit täglich Geld zu verdienen. Ein Teil dieses Geldes kann für zukünftige Bedürfnisse, größere Anschaffungen oder Notfälle gespart werden.

Mit Sparschweinen können Kinder lernen, täglich kleine Geldbeträge zurückzulegen und ihre Ersparnisse wachsen zu sehen. Ersparnisse sind Geld, das nicht ausgegeben, sondern für zukünftige Anschaffungen aufgehoben wird.

Es kommt vor, dass jemand etwas kaufen möchte, aber nicht über das nötige Geld verfügt. In einem solchen Fall können Kredite und Darlehen eine Lösung sein, aber nur nach dem Versprechen, dem Kreditgeber die Kosten und die anfallenden Zinsen zurückzuzahlen.

Als ich aufwuchs, konnte ich bei meinem Vater ‚anschreiben‘ lassen, und jedes Mal, wenn ich mein Taschengeld bekam oder bei bestimmten Aufgaben im Haushalt aushalf, zahlte ich ihm das „Darlehen“ samt Zinsen zurück. Beim ersten Mal war ich gerade einmal sechs Jahre alt. Wir schlossen einen Vertrag ab und unterschrieben die Rückzahlungsvereinbarung. So kaufte ich mein erstes Fahrrad und später mein erstes Telefon.

Dieses Verhalten meines Vaters vermittelte mir das Gefühl, wahnsinnig erwachsen und verantwortungsbewusst zu sein. Ich begriff das Konzept „Geld“ und hatte selbst in der Schule den Eindruck, mich viel besser auszukennen als meine Klassenkameraden.

 

Könnten Sie Eltern, die diesen Artikel lesen, Tipps und Informationsquellen nennen, damit sie das Thema Geld gut gerüstet mit ihren Kindern anschneiden können? 

  • Beginnen Sie so früh wie möglich.
  • Über Geld zu sprechen, sollte ein alltäglicher Vorgang und kein einmaliges Erlebnis sein.
  • Feiern Sie Meilensteine.
  • Regen Sie Ihren Nachwuchs an, sich positive finanzielle Verhaltensweisen anzugewöhnen.
  • Ermutigen Sie zu Fragen und seien Sie bereit, ehrliche Antworten zu geben.
  • Seien Sie bei Ihren Erklärungen geduldig und machen Sie Geld nicht zu einem Angstthema.
  • Schlagen Sie einen lockeren, humorvollen und zugänglichen Ton an, wenn Sie über Finanzen sprechen.

tahereh@magrid.education 

magrid.education 

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6A avenue des Hauts-Fourneaux 
L-4362 Esch/Alzette

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