27. Februar 2024

Schluss mit dem Wegwerfen nicht ganz perfekter Lebensmittel

Julia nutzte ihre Berufserfahrung in den Bereichen Umweltbildung, Entwicklung nachhaltiger und innovativer Projekte, um die Genossenschaft on.perfekt mitzugründen. Ihr Hauptziel ist es, Vertriebskanäle für nicht perfekte Lebensmittel zu schaffen, um das Bewusstsein für Nahrungsmittelverschwendung zu schärfen. Viel Spaß beim Lesen!

Julia stellt sich vor

Ich heiße Julia Gregor. Meine berufliche Laufbahn habe ich in ländlichen Entwicklungsprojekten begonnen. Ich bin aus Überzeugung eine soziale Unternehmerin und konnte mich im Laufe der Jahre der Entwicklung nachhaltiger Projekte und der sozialen Innovation in Luxemburg widmen. Meine berufliche Erfahrung in der Umwelterziehung, der Entwicklung regionaler Sozialprojekte, darunter unter anderem das LEADER-Programm, sowie ein breites Verständnis der soziokulturellen und sozioökonomischen Bedürfnisse in Luxemburg haben mir sehr dabei geholfen, unsere Genossenschaft zu gründen.

Die Zusammenarbeit zwischen den Privatpersonen, den Organisationen und den Unternehmen war für mich schon immer wichtig. Gemeinsam können wir vieles verbessern und es war unter anderem diese Überzeugung, die mich angetrieben hat, im Jahr 2020 on.perfekt mit zu gründen.

Die Idee zur Selbständigkeit

Alles begann im Jahr 2020. Wir sprachen gemeinsam mit Freunden über einen Artikel, den wir gelesen hatten. In diesem Artikel des WWF stand, dass 30 % des auf den Feldern angebauten Gemüses aus kosmetischen Gründen entsorgt werden. Wir hatten uns bereits mehrfach mit dem Thema „Foodwaste“ befasst, und obwohl uns absolut bewusst war, dass wir zu viele Lebensmittel verschwenden, schockierte uns das Ausmaß der Verschwendung. Wir haben uns also gefragt, wie es in unserem Land aussieht.

 

Was geschieht mit verformten Karotten?

Wo landet das Gemüse, das den kosmetischen Standards nicht entspricht oder kleine Mängel aufweist?

Werden die Lebensmittel, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, anderswo weitergegeben oder einfach weggeworfen?

Mit diesen Fragen im Hinterkopf haben wir uns mit Produzenten und Supermärkten getroffen, um mit ihnen darüber zu sprechen, ihnen bei der Ernte zu helfen und Antworten zu erhalten.

Und genau da ist unsere Idee entstanden. Wir wollten ein Lebensmittelgeschäft mit allem, was aussortiert wurde eröffnen: verformte Karotten, zu kleine Kartoffeln, abgelaufene Lebensmittel und allen Produkten, die lediglich kosmetische Mängel aufweisen.


Schritt für Schritt zum eigenen Unternehmen

Die Gründung unseres Geschäfts on.perfekt

Schritt für Schritt. Genau so haben wir on.perfekt gegründet. Wir haben zunächst unsere Idee ausgefeilt, ohne uns mit den Einzelheiten zu befassen. Für uns war es wichtig, mit den potenziellen Kunden zu sprechen und unsere Idee bereits früh zu testen.

Dieser Ansatz wurde dank der großzügigen Unterstützung des Unternehmens Majerus-Parmentier ermöglicht. Das Unternehmen stellte uns in seinen Räumlichkeiten einen Verkaufsbereich zur Verfügung, um unsere Idee zu testen. Zu Beginn hatten wir lediglich Freunde und Familie eingeladen, einmal im Monat Gemüse zu kaufen. Durch die Mundpropaganda kamen jedoch immer mehr Menschen zu unseren Pop-up-Märkten. Wir stellten fest, dass das Konzept akzeptiert wurde. Unsere Kunden waren, genauso wie wir, über die Verschwendung in der Lebensmittelindustrie bestürzt und bereit, nicht ganz perfektes Gemüse zu kaufen.

Erster Erfolg und die Idee, ein Sozialunternehmen zu gründen

Von da an erhielt unsere Idee von zahlreichen Menschen Unterstützung. Unsere Kundschaft vergrößerte sich schrittweise und unser Projekt wurde bekannter. Bis wir dann die Entscheidung trafen, das Projekt in ein Unternehmen umzuwandeln. Es war von Anfang an klar, dass es sich dabei um eine Genossenschaft handeln solle, nach dem Modell von OUNI.

Wir wollten aber zugleich auch ein Sozialunternehmen gründen. Auch diese Entscheidung wurde sehr schnell getroffen. Ich verfügte dank meiner vorherigen Stelle und als Verwaltungsratsmitglied von ULESS bereits über die diesbezüglich notwendigen Kenntnisse.

Dank des Nyuko-Programms konnten wir unseren Geschäftsplan überarbeiten und ihm den letzten Schliff geben.

Eine Crowdfunding-Kampagne

Eine wichtige Phase war Anfang 2022 die Crowdfunding-Kampagne, um das Ausgangskapital für unser Geschäft zu erhalten.

Wir wollten so vorgehen, da wir auch beweisen wollten, dass ein Sozialunternehmen viel erreichen und ändern kann. Es mag stimmen, dass wir kurz vor dem Beginn der Kampagne einige schlaflose Nächte verbrachten und die Vorbereitung nahezu ein Jahr gedauert hat, es war jedoch eine unglaubliche Erfahrung.

Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, EUR 95.000 zusammenzubringen und am Ende hatten wir mehr als EUR 106.000 erreicht. Nichts stand also mehr der Gründung des ersten Geschäfts von on.perfekt in Luxemburg im Wege. Im September 2022 haben wir unser Geschäft eröffnet.

Der Ausbau unserer Aktivitäten

Heute bietet on.perfekt mehrere Lösungen gegen die Lebensmittelverschwendung.

Zunächst verkaufen wir in unserem Lebensmittelladen in Marnach (4 Tage pro Woche geöffnet) Obst und Gemüse. Man kann dort allerdings auch Milchprodukte, Tee und andere Lebensmittel kaufen, die als nicht perfekt angesehen werden und somit aus verschiedenen Gründen in Lebensmittelmärkten nicht verkauft werden können.

Ein weiterer äußerst wichtiger Verkaufskanal, mit dem wir einer größeren Anzahl an Obst und Gemüse eine zweite Chance geben können, ist das Abonnement von Kisten mit Saisongemüse aus der Region, die wir in ganz Luxemburg ausliefern.

on.perfekt verringert allerdings nicht nur die Lebensmittelverschwendung, sondern möchte auch auf die Lebensmittelüberschüsse aufmerksam machen. Wir veranstalten für Schulen, Gymnasien oder Unternehmen Sensibilisierungsworkshops. Dabei verfolgen wir das Ziel, durch die Sensibilisierung das Thema in den Vordergrund zu rücken.

Julia's Tipps für Unternehmer in spe

  • Seien Sie pragmatisch: Testen Sie Ihre Idee schnellstmöglich und holen Sie zugleich direkt das Feedback der potenziellen Kunden ein.

  • Bleiben Sie nicht auf sich allein gestellt: Man kann nicht alles alleine machen. Holen Sie sich Unterstützung und Beratung.



Nyuko und Spuerkeess haben eine Partnerschaft abgeschlossen einerseits um den Unternehmergeist zu fördern und andererseits um die Position der Bank bei den Unternehmensgründern schon bei deren ersten Schritten stärken zu können. Mehr Informationen finden Sie hier: https://www.spuerkeess.lu/de/blog/expertenrunde/nyuko-unternehmergeist-foerdern/.

Unternehmertum