Interview mit Xavier Hannaerts
In einem sehr besonderen Kontext äußert sich Xavier Hannaerts, Head of Investments bei Spuerkeess Asset Management, in diesem Interview zur Entwicklung des…
Die Erwartungen für das globale Wirtschaftswachstum sind nicht besonders vielversprechend: Im Januar senkte der Internationale Währungsfonds seine Erwartungen für 2019 auf 3,5 %. Die Abschwächung ist zweigeteilt: In Europa und China läuft der Wachstumsmotor nicht mehr rund, während die USA weiter als globale Wachstumslokomotive fungieren.
In Europa ist Deutschland mit Problemen in der Automobilindustrie und im Exportgeschäft konfrontiert. Nichtsdestotrotz hat das Land noch ein paar Asse im Ärmel, die es diesem widrigen Umfeld entgegensetzen kann: seine gute Arbeitsmarktlage und seine soliden öffentlichen Finanzen. In Italien sorgt die undurchsichtige politische Lage für Unsicherheit, was sich im Rückgang des Konsums und der privaten Investitionen äußert.
In China verliert die Wirtschaft an Schwung, aber alles ist relativ: Die Wachstumsprognosen der Regierung liegen für 2019 zwischen 6 % und 6,5 %. Hintergrund ist der von den chinesischen Behörden initiierte Übergang zu einer Dienstleistungswirtschaft, wobei alles dafür getan wird, um die Nachfrage in den Bereichen anzukurbeln, wo sie ins Stocken gerät.
An den Anleihenmärkten machen der globale wirtschaftliche Abschwung, die Abschwächung der Inflationstendenzen in Europa und die Ungewissheit über den Ausgang des Brexits den Anlegern am meisten Sorgen: Wir sind sowohl gegenüber europäischen Staatsanleihen als auch gegenüber den Peripherieländern neutral positioniert. Europäische Unternehmensanleihen waren begehrt, aber die Nachfrage in diesem Segment dürfte unserer Meinung nach zurückgehen, und wir halten an unserer negativen Einschätzung fest.
In den USA veranlasst uns die Zinskurve zu einer neutralen Haltung. 2019 steht für eine Wende, die US-Notenbank (Fed) hat ihren Kurs geändert und sich weniger restriktiv geäußert als in den letzten Veröffentlichungen und es hat sich kein nachhaltiger Inflationsdruck eingestellt. Bei US-Staatsanleihen setzen wir auf einen vorsichtigen Ansatz und wählen qualitativ höherwertige Titel aus.
Tatsächlich haben die Märkte in den Industrie- und Schwellenländern nach den Feiertagen Ende 2018 zu einer kräftigen Erholung angesetzt: Die moderateren Äußerungen der Fed, die Fortschritte bei den Handelsverhandlungen zwischen China und den USA, das vorläufige Ende des Shutdowns und die soliden Unternehmensergebnisse haben die Anleger beruhigt.
Infolgedessen entschieden wir uns für eine defensivere Positionierung und reduzierten das Aktienengagement, da das aktuelle Umfeld weniger günstig ist als 2018: Es gab weniger außergewöhnliche Wertentwicklungen, die uns zu Gewinnmitnahmen veranlassten. Zugleich erwarten wir, dass die Volatilität zunimmt, die trotz der angespannten politischen Lage ein sehr niedriges Niveau erreicht hat.
In diesem Umfeld haben die Zentralbanken unterschiedliche Strategien verfolgt, die für die Performance nach der Krise repräsentativ sind: In den USA konnte die Fed vor dem Hintergrund der Erholung mit der Normalisierung ihrer Geldpolitik beginnen.
Dazu hat sie schrittweise die Leitzinsen erhöht und in der eigenen Bilanz gehaltene Vermögenswerte abgebaut. In Europa hat die EZB ihre Maßnahmen aufgeschoben, weil die Erholung noch nicht robust genug war. Wie wird es also mit der Geldpolitik weitergehen? Die nächsten Monate werden uns einige Antworten auf diese Frage liefern, die wir genau analysieren werden.