14. Januar 2019

BREXIT – Wie geht es weiter?

Am Dienstag, dem 15. Januar, entscheidet das britische Parlament endgültig über die Annahme oder Ablehnung des neuen Austrittsabkommens, das von Premierministerin Theresa May und der Europäischen Union ausgehandelt wurde.

Der politische Charakter dieser Frage macht Prognosen über den Ausgang des Votums äußerst schwierig. So sieht das Gesetz für den Fall einer Ablehnung des Abkommens binnen drei Tagen eine neue Abstimmung vor, für die ein Plan B vorzulegen wäre. Verstreicht auch diese letzte Chance ohne Einigung über einen geregelten Austritt, so bedeutet der Stichtag des 29. März 2019 das endgültige Aus für die EU-Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs: Falls London und Brüssel bis dahin keinen gemeinsamen Nenner finden und keine Verlängerung des Status quo beantragt wird, würde das Szenario eines harten Brexit schlagartig Realität.

Die vom bereits lange andauernden Klima der Ungewissheit belasteten Märkte rechnen damit, dass die Abgeordneten Mays Plan mehrheitlich eine Abfuhr erteilen werden.

Es lohnt sich also, etwas Abstand für eine nüchterne Betrachtung der Lage zu gewinnen, bei der sich drei mögliche Szenarien abzeichnen:

Das optimistische Szenario
Das optimistische Szenario
In diesem Fall gelingt es Theresa May, das Parlament zu überzeugen, sodass dieses am Dienstag mit Ja stimmt. Eine Annahme des neuen Austrittsentwurfs würde endlich für Klarheit über den Brexit-Fahrplan sorgen und die Anleger beruhigen: Mit dem Ende der Zitterpartie würde die Risikolust neu entfacht, und europäische Aktien hätten wieder Rückenwind. Wahrscheinlich ist, dass die Märkte stark auf diese Situation reagieren und parallel hierzu klassische Zufluchtswerte, wie etwa deutsche Staatsanleihen, an Wert verlieren.
Das düstere Szenario
Das düstere Szenario
In diesem Fall, schmettert Westminster das Abkommen ab, und es kommt vor dem 29. März 2019 zu keiner weiteren Abstimmung: Die Briten wären in der Spirale eines ungeordneten Austritts aus der Europäischen Union gefangen. Anders gesagt: Ein so genannter Hard Brexit stünde bevor, dessen Auswirkungen für Wirtschaft und Handel kaum zu beziffern sind. In diesem Fall dürfte es zu einer Abkehr von britischen Aktien mit einem sicheren Kursrutsch kommen, was insbesondere für Exporttitel gilt. Die Folgen dieser Situation würden aber nicht nur ihnen zusetzen, sondern unweigerlich auch die anderen europäischen Aktienmärkte in Mitleidenschaft ziehen. In einem solchen Kontext würden die Anleger Risiken wieder scheuen, und die Zinsen würden sinken und den Markt für Staatsanleihen mit in die Tiefe ziehen. Europäische Aktien würden wohlgemerkt härter getroffen als amerikanische Papiere. Eine Entscheidung wäre dann unausweichlich: die Neubesinnung auf Qualitätsanlagen.
Das Parlament stellt sich quer und versucht, Zeit zu gewinnen
Das Parlament stellt sich quer und versucht, Zeit zu gewinnen
Im letzten Fall ist gesetzlich festgelegt, dass die Regierung im Fall eines Neins innerhalb von drei Tagen alternative Vorschläge vorlegen muss, was auf eine Bitte um eine Neuaufnahme der Verhandlungen zwecks Erzielung eines besseren Abkommens hinauslaufen dürfte. Dieses Szenario gibt den Wortführern im Parlament Gelegenheit, sich zu profilieren, und zeugt von ihrer Bereitschaft, sich erneut an den Verhandlungstisch zu setzen. So hat der Vorsitzende der Labour-Partei Jeremy Corbyn bereits wissen lassen, dass er keine Einwände gegen ein solches Vorgehen habe. Die Europäische Union dürfte dann ihrerseits Entgegenkommen signalisieren, wenngleich sie damit an Glaubwürdigkeit verlieren könnte und sich dem Vorwurf aussetzt, nicht genug getan zu haben. Sollte in diesem Kontext nun jeder auf Zeit spielen, so würde die Europawahl in die Verlängerung der Brexit-Verhandlungen fallen, und die Briten wären mit an die Urnen gerufen – womit eine überaus heikle Gemengelage vorgezeichnet wäre. Dieses Szenario ist also weniger apokalyptisch als das vorherige, liefert den Anlegern aber auch kein klares und eindeutiges Ergebnis und droht somit, noch mehr Unsicherheit an den Märkten hervorzurufen.

Ganz wie die Ungewissheit, die die Märkte in den beiden vergangenen Jahren in Atem gehalten hat, könnte diese neue Sackgasse die Volatilität in die Höhe treiben. Die Briten selbst würden sich damit wahrscheinlich auf den Pfad zu einem neuen Referendum begeben, dessen Ergebnis alles andere als vorhersehbar wäre. Konkret wäre an den europäischen Börsen bei Aktien im Allgemeinen und insbesondere bei britischen Aktien mit Kursrückgängen aufgrund einer gestiegenen Volatilität zu rechnen, die die Anleger dazu bewegen könnte, Zuflucht bei risikoärmeren Vermögenswerten zu suchen.

Unabhängig davon, wie es beim Thema Brexit weitergeht und welches Szenario sich letztlich bewahrheitet, ist unsere Allokation, die sich aus einer neutralen Positionierung bei Aktien und Anleihen ergibt, optimal, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.

Politische Entscheidungen lassen sich kaum vorhersehen, weshalb sich eine aggressive Allokation aufgrund des zu hohen Risikos verbietet. Wir werden das Geschehen folglich weiterhin sehr aufmerksam beobachten, um unsere Anlagen an die politischen Entscheidungen anzupassen, die sich letztlich durchsetzen werden.

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